Die eigenen Eltern in einer Pflegeeinrichtung: nicht nur emotional, sondern auch finanziell eine Belastung?

Reichen die finanziellen Möglichkeiten der eigenen Eltern nicht aus, um eine Pflegeeinrichtung zu bezahlen, so springt zunächst der Sozialhilfeträger ein. Dieser prüft allerdings, ob die übernommenen Kosten nicht von den Kindern im Rahmen des Elternunterhalts zurückgeholt werden können.

Mit Inkrafttreten des Angehörigen-Entlastungsgesetzes im Jahre 2020 änderte sich die Rechtslage dahingehend, dass zur Überprüfung der Unterhaltspflicht erst Kinder mit einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 € herangezogen werden können.

Entscheidend für die Prüfung dieser Grenze ist dabei nur das Einkommen des eigenen Kindes, nicht auch eines etwaigen Ehegatten. Ist diese Hürde erst einmal genommen, ist zu überprüfen, ob sich tatsächlich eine Unterhaltsverpflichtung ergibt und wie hoch diese ausfällt.

Dem Unterhaltsverpflichteten muss trotz seiner Unterhaltsverpflichtung ein Selbstbehalt, also unantastbarer Teil des Einkommens verbleiben, um seinen eigenen Lebensbedarf zu decken.

Die Höhe dieses Selbstbehaltes ist nicht starr festgelegt und wurde in der Vergangenheit von den Gerichten unterschiedlich hoch bewertet. Der Bundesgerichtshof hat sich im Beschluss vom 23.10.2024 (Az. XII ZB 6/24) erneut mit dieser Frage befasst und Klarstellungen getroffen.

Zunächst einmal sei eine pauschale Festlegung des Selbstbehalts auf 5.000 € netto für Alleinlebende und 9.000 € netto für Verheiratete, wie in der Vergangenheit von einigen Oberlandesgerichten vertreten, zu hoch. Ein derart hoher Selbstbehalt führe faktisch zu einer Erhöhung der den Unterhaltsrückgriff ausschließenden Jahreseinkommensgrenze, die vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt war.

Eine stattdessen anzuwendende pauschale Grenze wurde vom Bundesgerichtshof nicht festgelegt. Bei der Bemessung müssten die konkreten Umstände des Einzelfalls betrachtet werden und so ein gerechter Ausgleich zwischen den Unterhaltsinteressen des Elternteils und dem Interesse des Kindes an der Beibehaltung seines Lebensstandards gefunden werden.
Dem Kind müsse ein individuell bemessener Betrag belassen werden, der sich aus einem Mindestselbstbehalt und einem Bruchteil des diesen Freibetrag übersteigenden Einkommens zusammensetzt.

Für das weitere Verfahren wurde klargestellt, dass die in den Leitlinien einiger Oberlandesgerichte für das Jahr 2024 derzeit festgelegten Mindestselbstbehalte von 2.650 € nicht zu beanstanden seien. Ein darüber hinaus erhöhter Selbstbehalt könne, so das Gericht, durchaus angemessen sein.
So spreche derzeit nichts dagegen, etwa weitere 70 % des über den Sockelselbstbehalt hinausgehenden Einkommens als zusätzlichen Selbstbehalt beim Kind zu belassen, wenn dies den konkreten Lebensverhältnissen entspreche.

Es zeigt sich wie so oft im Familienrecht, dass fundierte Argumentation in Fragen der Billigkeit unumgänglich ist.

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