Der Unterzeichner beschäftigt sich nachstehend – insoweit ausnahmsweise außerhalb seines Fachgebiets – mit den Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Vorgehens gegen die seit dem 22.03.21 an Grundschulen bestehende Maskenpflicht für Schüler unter Abgleich der neuen Verordnung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.10.2020 – 1 S 3201/20.

1. Die bisherigen Verordnungen bzw. gesetzlichen Regelungen sehen vor, dass in der Gesundheit beeinträchtigte Personen Ausnahmen für sich beanspruchen können. Insoweit wäre bei einer entsprechenden Beeinträchtigung – die jedoch konkret dargelegt werden müsste – eine Befreiung zu beantragen. Sollte diese versagt werden, wäre insoweit der ablehnende Einzel-Verwaltungsakt rechtlich anzugreifen.

2. Die komplette Aufhebung der neuen Verordnung im Normenkontrollverfahren (bzw. im vorgeschalteten Eilverfahren) erscheint im Ausgangspunkt, betrachtet man die Entscheidung des VGH BW aus Oktober 2020, schwierig. Unterschiede zu dieser Entscheidung könnten sich dennoch wie folgt zeigen:

a. Sollte generell eine entsprechende nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung für mehrere Personen dargelegt werden können, stünde die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (Angemessenheit) der Maßnahme dann doch in Frage. Insoweit müsste aber gegengutachterlich zu den Feststellungen der bekannten Institutionen dargelegt werden, dass sowohl ganz grundsätzlich das Maskentragen an sich nicht nur mit einem leichten Unwohlsein einhergeht, sondern darüber hinaus nicht ganz unerhebliche grundsätzliche Beeinträchtigungen auslösen kann. Diese grundsätzliche Beeinträchtigung wäre dann mit möglichst vielen Einzelbeispielen zu belegen. Da unter Erwachsenen und größeren Kindern eine grundsätzlich gesundheitsbeeinträchtigende Wirkung wohl nicht feststellbar ist bzw. durch den ständigen Gebrauch solcher Masken in manchen beruflichen Zweigen widerlegt erscheint, müsste in diesem Zusammenhang wohl auch im Einzelnen dargelegt werden, warum insbesondere Grundschulkinder eine andere Beurteilung rechtfertigen (z.B. wegen anderem Sozialverhalten, anderen Atemfrequenzen, fehlender Mimik in der Interaktion mit anderen Menschen und negative Folgen für Bildung und Gesundheit).

b. Die Frage der Erforderlichkeit der Verordnung dürfte aktuell noch immer außer Frage stehen, jedenfalls aus Sicht der Entscheidung des VGH Baden-Württemberg von Oktober 2020. Von dieser Haltung dürfte der VGH auch erst dann wieder abweichen und eine Erforderlichkeit der Maßnahmen verneinen, wenn die Inzidenzen unter einen bestimmten Zielwert sinken, voraussichtlich unter den Zielwert von 35.

c. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz erscheint zumindest denkbar, eine sinnvolle Unterscheidung erschließt sich mir jedenfalls bislang noch nicht. Dies gilt insbesondere für den Vergleich der Unterrichtung der Grundschulkinder in einem Klassenraum auf der einen und einem größeren Büro mit gleicher Anzahl von Menschen auf der anderen Seite. Allein die Tatsache, dass es sich insoweit um Kinder handelt, die Abstandsregelungen schlechter einhalten, dürfte hier keinen sachgerechten Grund für eine Ungleichbehandlung liefern, da die Kinder beaufsichtigt werden und insoweit auch nicht in Frage steht, dass Abstandsvorschriften eingehalten werden müssen. Nur wenn die Abstandsvorschriften von der Einhaltung eines Mindestabstandes im Umfang von 1,5 m nicht eingehalten werden könnten, wäre aus meiner Sicht ein sachlicher Ungleichbehandlungsgrund erkennbar. In diesem Fall müsste sich aber die Frage nach der Klassenstärke stellen und den Möglichkeiten der Gestaltung des Unterrichts, um die Abstandsvorgaben einhalten zu können.

Auch die Tatsache, dass die Kinder im Unterricht sprechen oder miteinander oder mit der Lehrerschaft korrespondieren, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Dies wäre im Großraumbüro ebenfalls so zu sehen, dort kommt bspw. das ständige Telefonieren am Arbeitsplatz hinzu.

Bei Möglichkeit der Einhaltung der Abstandsvorschriften erschließt sich daher eine Ungleichbehandlung nicht. Im Gegenteil erscheinen Grundschulkinder grundsätzlich weniger in der Lage, Beeinträchtigungen aus dem ständigen Maskentragen in eigener Verantwortung zu verarbeiten und bestmöglich mit der Belastung umzugehen, während Büromitarbeiter im Großraumbüro noch immer selbstbestimmt auf Pausen von der Maskenpflicht hinwirken können, erforderlichenfalls indem sie das Gebäude verlassen können.

Die Folge aus einer solchen evtl. feststellbaren Ungleichbehandlung könnte aber unter Umständen sein, dass eine Maskenpflicht am Schreibtisch auch in Büroräumen eingeführt werden müsste und würde nicht automatisch den Verzicht auf die Maskenpflicht von Grundschulkindern während des Schulunterrichts bedeuten.

Fazit

Ohne das die Inzidenzen deutlich sinken oder in sehr überzeugender Weise grundsätzliche und nicht nur unerhebliche Beeinträchtigungen gerade für Grundschulkinder dargelegt werden können, erscheint ein weiteres gerichtliches Vorgehen im Augenblick wenig aussichtsreich. Zwar könnte ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz festgestellt werden, ob dies aber zu dem gewünschten Ergebnis führt, bleibt ebenso zweifelhaft.

Die Durchführung eines entsprechenden gerichtlichen Verfahrens wäre daher – wenn die genannten Bedingungen nicht vorliegen – mit einem erheblichen Risiko des Prozessverlustes verbunden. Wer Beeinträchtigungen seines Kindes durch das ständige Maskentragen befürchtet, sollte es nicht dem Präsenzunterricht mit Maskenpflicht aussetzen, sondern den Fernunterricht als kurzfristig wirksamsten Weg vorziehen oder eine Befreiung von der Maskenpflicht unter Darlegung dieser Beeinträchtigungen beantragen.

Drotleff
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und WEG-Recht

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