Schon in der Vergangenheit entsprach es gängiger Rechtsprechung, dass der Vorteil mietfreien Wohnens in einer Immobilie, die ganz oder teilweise einem Ehegatten gehört, vorrangig unterhaltsrechtlich zu kompensieren ist. Dies geschieht so, dass dem mietfrei wohnenden Ehegatten die ersparte Miete quasi wie weiteres Einkommen zum erzielten Gehalt dazugezählt wird. Das erhöht beim Unterhaltverpflichteten seine Leistungsfähigkeit bzw. vermindert beim Unterhaltsberechtigten seine Bedürftigkeit und wirkt sich somit entweder unterhaltserhöhend oder unterhaltssenkend aus.

Im Trennungsjahr ist noch nicht die volle am Wohnungsmarkt erzielbare Kaltmiete anzusetzen, wenn die Ehewohnung nach Auszug eines Partners eigentlich überdimensioniert ist. Entscheidet sich der verbliebene Ehepartner aber, die Wohnung auch nach Ablauf des Trennungsjahres zu halten und weiter darin zu leben, schlägt der volle objektive Wohnwert zu Buche.

Was ist aber mit dem Vorteil mietfeien Wohnens, wenn die Unterhaltsfrage gar nicht gestellt wurde und z.B. der Ehegatte mit dem geringeren Einkommen gerade deswegen keinen Unterhalt verlangt, weil er mietfrei wohnen kann oder weil er befürchtet, auf Ausweitung des Umfangs seiner Berufstätigkeit verwiesen zu werden?

Einen solchen Fall hat nun der BGH entschieden (Beschluss v. 27.11.2024, XII ZB 28/23). Ein Ehemann hatte erstinstanzlich seine Frau auf eine Nutzungsentschädigung in Höhe einer halben ortsüblichen Miete verklagt, weil diese in Haus, das ihnen hälftig gehörte, verblieben war. Die Ehefrau, die deutlich geringeres Einkommen erzielte als der Ehemann, hatte Unterhalt noch gar nicht geltend gemacht. Der BGH hielt es für unbillig, dem Ehemann Nutzungsentschädigung zuzusprechen, wenn dies dazu führen könnte, dass die Ehefrau sich dann die zu zahlende Nutzungsentschädigung über den Ehegattenunterhalt wieder zurückholt. Doppelte Prozessführung sei zu vermeiden, da sie für die Ehegatten teuer ist und die Gerichte überlastet. Daher müsse der Richter, der für den Prozess um Nutzungsentschädigung zuständig ist, jedenfalls in relativ einfach gelagerten Unterhaltsfällen den Sachverhalt erforschen und, zumindest im Groben, eine Unterhaltsberechnung anstellen, auch wenn dies gar nicht eingeklagt ist.

So lobenswert das vom BGH formulierte Ziel ist, so problematisch ist es in der praktischen Umsetzung. Wo ist die Grenze zwischen relativ einfachen Unterhaltsansprüchen und hochkomplizierten Problemlagen, mit denen der Richter im Verfahren um Nutzungsentschädigung überfordert ist oder an die Grenzen der Amtsermittlung stößt? Mehr denn je ist ein spezialisierter Familienrechtler gefragt, der die Problematik im Blick hat und dem Richter die erforderlichen Informationen zur Verfügung stellt bzw. den Finger in die Wunde legt, wenn die Unterhaltberechnung gerade an komplizierten Rechtsfragen krankt. Im Zeitalter ausufernder Unterhaltsprozesse bei Praktizierung eines paritätischen oder ungleichgewichtigen Wechselmodells gehen die Forderungen des BGH ein wenig an der Realität vorbei.

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